Großstadt-Alltag in Berlin meistern mit Behinderung: Die besten Tipps

Berlin - Berlin
Für Menschen mit Behinderung stellt der Alltag in einer Großstadt wie Berlin eine Herausforderung dar. Das Meistern des Alltags erfordert eine gewisse Vorbereitung und ganz sicher ein hohes Maß an Geduld, neudeutsch Resilienz. Wer aber gut präpariert ist, die oder der kann sich in der Hauptstadt optimal zurechtfinden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Fast wie Personen ohne eine gesundheitliche Einschränkung.

Eine Persönliche Assistenz zur selbstbestimmten Teilhabe

Mit einer Persönlichen Assistenz gelingt der Alltag in Berlin besser. Vor allem bei stark eingeschränkter Mobilität und kognitiven Beeinträchtigungen erweist sich die Betreuung als vorteilhaft. Dank der Unterstützung können behinderte Menschen zur Schule gehen, ein Studium an einer der Berliner Universitäten wahrnehmen, eine Ausbildung absolvieren oder einfach ihrer präferierten Arbeit nachgehen. Die Persönliche Assistenz hilft auch dabei, Einkäufe zu tätigen und Veranstaltungen zu besuchen. Und in der Regel sind Ausflüge ins Berliner Umland und in die vielen Parks der Hauptstadt möglich.

Mit einer engagierten Kraft an der Seite lassen sich die Herausforderungen des Alltags leichter angehen und bewältigen. Die Kosten für eine Persönliche Assistenz Berlin werden von Leistungsträgern wie dem Träger der Eingliederungshilfe übernommen. Wichtig zu wissen: Menschen mit Behinderung haben durch das Bundesteilhabegesetz einen Rechtsanspruch auf die praktische Hilfestellung.

Fahrdienste und Begleitservice nutzen
Berliner Mobilitätshilfedienste bieten eine Begleitung für Blinde, Rollstuhlfahrer und anderweitig eingeschränkte Menschen an. Damit können Personen mit Behinderung eine hilfreiche Unterstützung in Anspruch nehmen für:
• kleine Einkäufe
• das Verfolgen von Terminen aller Art
• Besuche von Familie und Freunden sowie von kulturellen Veranstaltungen

Der Service wurde von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ins Leben gerufen. Gegen eine geringe Verwaltungsgebühr gibt es den Begleitdienst zum gewünschten Termin. Der Mobilitätshilfedienst ist in jedem Bezirk verfügbar und sorgt für eine bessere Teilhabe von behinderten Personen. Wer zum Flughafen, Busbahnhof oder bestimmten Stationen muss, kann auch den Begleitservice des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg nutzen. Eine weitere Möglichkeit, um von A nach B zu gelangen oder für die Unterstützung bei Einkäufen und Ausflügen sind die Fahrdienste des DRK.

Barrierefreiheit recherchieren

Berlin verfügt über eine gut ausgebaute Infrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr, einschließlich U-Bahn, S-Bahn und Bussen. Die meisten dieser Verkehrsmittel sind barrierefrei nutzbar. Zudem sind an den meisten Stationen Rampen und Aufzüge verfügbar, sodass Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen einen einfachen Zugang zum Verkehrsnetz haben. Die BVG bietet für Haltestellen, die nicht barrierefrei sind, mit dem MUVA einen speziellen Service an, der z.B. Rollstuhlfahrer an der nächstgelegenen Station abholt und nach Hause bringt. Auch viele Ausstellungen lassen sich dank Barrierefreiheit mit Behinderung besuchen. So kann beispielsweise die Dauerausstellung des Tränenpalasts im Rollstuhl und mit Blindenhund besichtigt werden. Hier gibt es in einer ebenerdigen Halle von 550 Quadratmetern die Geschichte der Berliner Mauer von der Errichtung bis zum Fall zu sehen. Der Ablauf der Grenzabfertigung inklusive originaler Passkontrollkabine lässt sich ebenfalls bestaunen. Es empfiehlt sich, die Barrierefreiheit von U-Bahn-Stationen und Co. sowie von Einrichtungen im Vorfeld zu recherchieren und Ausflüge anhand der Verfügbarkeit zu planen.

Behindertenparkplätze gebrauchen und einrichten lassen
Das Berliner Stadtgebiet wartet mit etwa 1.300 öffentlichen Behindertenparkplätzen auf. Wer einen Sonder-Parkausweis besitzt, kann diesen hierfür benutzen. Die Parkplätze sind nahe der jeweiligen Einrichtung aufzufinden, damit Menschen mit Behinderung schnell am gewünschten Ort sind. Daneben haben Personen mit dem Zeichen BI oder aG im Schwerbehindertenausweis das Recht auf die Errichtung eines solchen Parkplatzes vor der Haustür sowie in der Nähe des Arbeitsplatzes. Ein unterschriebener, formloser Antrag an das zuständige Bezirksamt genügt, um eine Prüfung zu veranlassen. Ist die Beeinträchtigung ausreichend und eine Einrichtung möglich, steht der Schaffung eines neuen Behindertenparkplatzes nichts im Wege.

Auf dem Rollstuhlparcours trainieren
Die Berliner Charité hat 2021 am Campus Virchow-Klinikum einen Parcours für Rollstuhlfahrer errichtet, auf dem sich das Bewältigen von Hindernissen in einer Großstadt trainieren lässt. Auf 400 Quadratmetern können Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, üben:
• wie man Bordsteinkanten überwindet.
• wie man auf unebenen Untergründen sicher vorwärtskommt.
• wie man Steigungen und Treppenstufen bewältigt.
• wie man Türen ohne Quetschungen oder Hängenbleiben passiert.
Die Schwierigkeitsstufen des Parcours reichen von leicht bis herausfordernd und bieten ein ideales Training für Rollstuhlfahrer. Auf dem Gelände gibt es Stationen mit Gras, Kopfsteinpflaster, Kies, Holz und Sand. Realisiert wurde der Parcours mit Spendengeldern. Das Training soll mehr Teilhabe ermöglichen und Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen, Sicherheit im öffentlichen Raum vermitteln.

Ein Assistenzhund als Freund und Helfer
Assistenzhunde können Menschen mit Behinderung im Meistern ihres Alltags erheblich unterstützen. Personen mit Sehbehinderungen helfen die Tiere dabei, sich in der Großstadt zu orientieren. Sie sind speziell darauf trainiert, Hindernisse zu erkennen, Bordsteinkanten zu finden und sicher über die Berliner Straßen zu führen. Die tierischen Begleiter bieten Stabilität und Gleichgewicht, wenn ihr Besitzer auf Gehwegen und unebenem Gelände unterwegs ist. Ausgebildete Assistenzhunde können auch Gegenstände aufheben und ihrem Frauchen oder Herrchen reichen. Für Rollstuhlfahrer sind die Tiere ebenfalls dienlich. Mit einem passenden Training sind Hunde dazu in der Lage:
• Türen zu öffnen und zu schließen.
• beim An- und Ausziehen zu helfen.
• Lichtschalter ein- und auszuschalten.
• Türklingeln zu betätigen.
• einen nahestehenden Rollstuhl zu bringen.

Assistenzhunde können im Notfall Hilfe holen, indem sie beispielsweise eine Person in der Nähe auf sich aufmerksam machen oder einen Alarmknopf betätigen. Die Tiere bieten auch emotionale Unterstützung und eignen sich, um die soziale Isolation zu mindern. Sie sind zudem oftmals ein Gesprächsanstoß und tragen dazu bei, neue Kontakte in der Stadt zu knüpfen. In Berlin entfällt für einen Assistenzhund die jährlich zu entrichtende Hundesteuer. Allerdings kann es einige Zeit dauern, bis einem Menschen mit Behinderung ein tierischer Helfer zugeteilt wird. Zudem muss zusammen mit dem Tier trainiert werden, denn sowohl beim Rollstuhlfahrer als auch bei seinem Helfer auf vier Pfoten handelt es sich um Individuen mit einem komplexen Handlungsmuster.

Kontakt mit lokalen Selbsthilfegruppen und Plan für den Notfall erstellen
Es ist empfehlenswert, in Kontakt mit Selbsthilfegruppen und Organisationen in Berlin zu treten, die sich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung spezialisiert haben. Diese Gruppen können wertvolle Informationen liefern und soziale Unterstützung bieten. Zudem ist es bei der Alltagsbewältigung im Alleingang ratsam, Vorbereitungen für den Notfall zu treffen und einen Plan für Außenstehende zu erstellen. Ein solcher Notfallplan kann wichtige Telefonnummern von Familienmitgliedern und Freunden enthalten, an die sich Ersthelfer wenden können. So ist man für den Fall der Fälle besser gewappnet.

Fazit
Personen mit einer Behinderung, die ihren Alltag in Berlin bewältigen, können eine Reihe an unterstützenden Angeboten nutzen. Ob Persönliche Assistenz, Fahrdienste oder Assistenzhund, eine kognitive oder körperliche Einschränkung muss kein Grund zur Nicht-Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sein. Der Alltag in einer Metropole kann durchaus eine Herausforderung sein. Aber in Berlin lohnt sich auf jeden Fall, diese Herausforderung auch anzunehmen.

von: Inspiration

Bilder aus Berlin